Die Mehrheit der Fans anderer Musikrichtungen denkt bei Rap an ein bestimmtes Auftreten, eine Geisteshaltung oder ein Erscheinungsbild. Dieses Image ist untrennbar mit einer stereotype Kriminalität verbunden, die den Rappern unterstellt wird. Der Gangster-Rap verinnerlicht diese Message und handelt inhaltlich von einem Leben an und jenseits der Grenze von Gesetzen, einem Leben, das eine in Deutschland immer weiter wachsende Fangemeinde und Jugendkultur idealisiert.
Thematik
Mit der Ausbreitung des Hip-Hop bis an die Westküste der USA entstand in den 1980ern in Los Angeles die Untergattung des sogenannten Gangster-Rap. Mit der Entstehung ergab sich ein neues Spektrum von inhaltlichen Bezugsthemen in den Texten der Hip-Hop-Musik. Um als authentisch zu gelten, mussten die Gangster-Rapper singen, was sie lebten, und leben, worüber sie Texte schrieben. Während andere Rapper sich mit politisch wichtigen Themen wie Rassismus, Polizeigewalt, Arbeitslosigkeit oder alltäglich erlebter Gewalt auf der Straße beschäftigen, finden sich in den Lyrics der Gangster-Rapper Bezüge auf Drogenkonsum und Prostitution sowie dem eigenen Fame, dem Ruhm, den sie durch ihre Lebensweise ernteten. In der Realität bedeutet Rap Zuhälterei, Drogenhandel, Leben auf großem Fuß und Gangstermord.
Durch die Morde an den damaligen Hip-Hop-Größen 2Pac Shakur und Notorious B.I.G. kam in den 1990er-Jahren ein neues inhaltliches Element in die Texte der Gangster-Rapper. Zwischen der in Los Angeles konzentrierten West-Coast- Szene und den New Yorker East-Coast- Rappern wurde ein regelrechter Krieg konstruiert. Das gegenseitige Dissen, Schmähen und Beleidigen sowie das eigene, überlegene Können beherrschte viele Songs beider Gruppen. Daher spielen Battles im Gangster-Rap die größte Rolle. In den ghettoisierten Stadtteilen der USA wurde die Battle-Kultur zu einer Möglichkeit, Konflikte gewaltfrei und kreativ zu lösen. Wenn zwei Menschen oder Crews in Streit gerieten, dann sollte der Konflikt mit den Waffen des Hip-Hop ausgetragen werden: mit eigenen Worten ins Mikrofon.
Street Credibility
Die Authentizität und Glaubwürdigkeit der Rapper, die realistische Verkörperung ihrer Inhalte, ist damals wie heute ein großes Thema. Um sich mit seinen Texten den Respekt anderer Künstler und des Publikums zu erkämpfen, ist es für einen Rapper von wesentlicher Bedeutung, zu wissen ,,wovon er spricht“. Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten, gesellschaftlich diskriminierten Gruppe trägt beispielsweise zu hoher Glaubwürdigkeit in Sachen politischer Ungerechtigkeit, sozialer Probleme und des Status als Widerstandsfigur bei. Bestimmte individuelle Rapper werden so durch ihre Texte zu einem Symbol in der Szene und darüber hinaus. Das ganze Konzept des Gangster-Rap steht und fällt mit der Identifikation einiger erfolgreicher und beliebter Figuren, deren Namen durch ihre Anhänger weiterleben.